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Liebe Russenkinder und Freunde,
Längst wollte ich Euch schon einen Bericht von unserer ereignisreichen Moskaureise schreiben. Ich bin aber erst vor ein paar Tagen heimgekommen und es war (und ist) so viel zu tun, dass ich kaum nachkomme. Und morgen fahre ich schon wieder für eine Woche fort. Deshalb will ich Euch schnell ein wenig erzählen.
Durch die Teilnahme von so vielen lieben Menschen, Freunden und Familie, ist die Buchpräsentation zu einem wahren Fest geworden. Noch vor einem Jahr hätte ich von einer derart großartigen Veranstaltung nicht einmal geträumt. Der riesengroße Saal in der RGGU (Uni) war schon beeindruckend genug, und als er sich nach und nach mit so vielen bekannten Gesichtern füllte, war meine Freude groß! Wie komme ich dazu, dass zu meiner Buchpräsentation ein so hochkarätiges Präsidium Ansprachen hält, der ORF filmt und Leute aus ganz Russland, sowie Österreich und Frankreich im Saal sind? Ich konnte nur staunen!
Besonders glücklich war ich über die Anwesenheit meiner Kinder und Enkelkinder aus Frankreich und Österreich. Und ebenso, dass drei der „Russenkinder“ aus Österreich und sogar eines aus Deutschland mit waren. Wir alle trugen Schals in den zwei Landesfarben, die uns Renate aus Florida geschickt hatte, damit sie im Geiste auch dabei sein kann. Einige von uns, die schon ihre Familien gefunden hatten, bekamen Besuch von ihren Halbgeschwistern, die eigens aus Smolensk, Orjol, Tichorezk und sogar aus Minsk angereist kamen. Meine russischen Freunde kamen ebenfalls von weither: aus Beresniki (Ural), St. Petersburg, Ustjuschna, Twer sowie aus der Umgebung von Moskau, Domodedovo, Podolsk, Nikolo Urjupino usw.
Auf mich hat das alles sehr feierlich gewirkt. Die Begrüßung des österreichischen Botschafters war sehr herzlich, er hat vor allem vom Völkerverbindenden gesprochen, das ist uns sehr wichtig. Auch die Reden der anderen Vortragenden waren sehr positiv. Meine Arbeit ist ständig gelobt worden, was mir fast schon zu viel des Guten war. Aber wenigstens haben meine Kinder einmal gesehen und gehört, dass mein Bestreben, die russischen Wurzeln zu finden, von vielen anerkannt wird.
Mein russischer Verleger meinte, solch großartige Buchpräsentationen sind heute in Russland selten geworden. Umso mehr freut es mich, dass meine Geschichte, dieses kleine Büchlein, eine derart große Menschenmenge in die RGGU gebracht hat.
Aber auch sonst war jeder Tag ein Höhepunkt: der überaus herzliche Empfang im kleinen Museum der 4. Gardearmee, mit Konzert, Mittagessen, Blumen und Geschenken hat uns wirklich überrascht.
Am nächsten Tag Treffen bei Sergeij Netschajew im Außenministerium! Wieder etwas Besonderes. Die Kremlbesichtigung für alle, auch ein Geschenk von Herrn Netschajew. Ich glaube, man bekommt sonst nicht so leicht eine Führung im Großen Kremlpalast.
Als alle wieder heimflogen, ging es für mich weiter: Buchpräsentation in Domodedovo, arrangiert von Sergeij Tiunov. Obwohl es nur eine kleine Veranstaltung war, hat er ein beachtliches Programm vorbereitet, mit Videofilmen von Schdi menia, eine Sängerin, die zum Buffet russische Lieder sang und sogar ein Team von TV Podmoskovje 360 war da.
Weiter ging es für mich mit Besuchen von Freunden in verschiedenen Orten, dann die Präsentation in der Bibliothek in Twer. Auch dort haben meine Freunde bei der Organisation mitgeholfen. Im Saal waren ca. 50-60 Sessel aufgestellt und er wurde fast voll. Diesmal kamen noch meine Bekannten aus Uglitsch und Vyschny Volotschok, die es nicht nach Moskau schaffen konnten. Somit habe ich fast alle meine russischen Freunde gesehen und viele Bücher verteilt. Der Verlag war sehr großzügig mit Autorenexemplaren, sodass jeder ein Gratisexemplar bekam. Viele haben aber noch Bücher dazugekauft.
Wieder zurück in Moskau konnte ich zwar keinen Passierschein für die Parade am Roten Platz bekommen, aber viel mehr als die Parade hat mir am Nachmittag im Fernsehen der Marsch des «бессмертный полк» (Unsterbliches Regiment) gefallen. Tausende und Abertausende Menschen marschieren mit Fotos ihrer Angehörigen der damaligen Roten Armee. Es sind die Kinder und Enkelkinder der siegreichen Soldaten, oft auch der Gefallenen oder Vermissten. 700.000 allein in Moskau. Diese Bewegung ist erst zwei Jahre alt, es ist keine politische oder parteiische, es sind die Menschen, die nicht wollen, dass diese Soldaten vergessen werden. Und das ist ganz in unserem Sinne! Es war sehr beeindruckend!
Somit ist eine unvergessliche Reise wieder zu Ende, aber die Erinnerung bleibt!
Eure Eleonore
April/Mai 2016
PS.: auf der Webseite
steht schon ein interessanter Bericht mit vielen Fotos.
Und wer noch den ORF Bericht aufrufen möchte (in der TVthek ist er nicht mehr), der kann ihn auf der russischen Webseite
https://russian.rt.com/inotv/2016-05-07/ORF-Avstrijskie-deti-okkupacii-ishhut sehen (auf deutsch)
außerdem gibt es noch das Interview in Domodedovo auf
http://360tv.ru/news/avstrijskaya-doch-sovetskogo-soldata-ishet-otca-v-rossii-55299/
Liebe Distelblüten,
Bei der Vorstellung ihrer ins Russische übersetzten Biographie hat Leonore Dupuis ein Tor aufgestoßen: die Menschenverachtung des Krieges, dass die herrschende Macht sich anmaßt zu definieren, wer Freund und wer Feind ist und die wirkliche Erfahrung des Einzelnen leugnet, wurde thematisiert. Es ging um Liebe und Verantwortung. Bei dieser Veranstaltung war kein Platz für die durch Gewalt entstandenen Kinder, das hätte an dem Tag nicht gepasst. Aber wer weiss, wie es noch weitergehen kann.
Ich hatte mich der österreichischen Gruppe angeschlossen, war herzlich aufgenommen, auch meine Freundin, die aus Interesse mitgekommen war. Der Herausgeber von Leonores Buch war da, die Übersetzerin, mein Bruder war mit dem Nachtzug aus Minsk gekommen. Die offizielle Besetzung des Podiums kennt Ihr aus dem Programm, es war recht feierlich. Renate aus Florida hatte Schals gehäkelt für die drei österreichischen Russenkinder in den russischen und österreichischen Nationalfarben, für mich entsprechend deutsch.
Es gab natürlich auch Tourismus pur. Moskau ist riesig, quirlig, überall wird gebaut, viel Altes renoviert oder vernichtet, auf jeden Fall war die Zeit zu kurz.
Ich wünsche Euch einen schönen sonnigen Tag, gute Gesundheit und Genesung
Herzlichst
Marianne